Sonntag, 19. April 2009

Auf der anderen Seite der Stadtmauer II

Zur Erinnerung noch einmal das Bild vom modernen Anbau westlich der Stadtmühle, dh außerhalb der alten Stadtmauer - entlehnt von http://www.willisau.ch/ .

Ich saß heute den ganzen Tag unten in der hellsten und höchsten Ecke der Mühle. Ich blätterte im Leben meiner jungen Protagonistin. Ich brauche immer noch viel Licht. Immer, wenn ich den Blick von ihrem Leben hob, sah ich Holz. Ich sah durch die hohen Fenster draußen Holz. Holz am Anbau. Rund herum. Massive Holzbretter. Bis ich endlich verstand: der Anbau ist nicht aus Beton gebaut, wie ich immer meinte. Sondern da ist Holz. Sichtbar. Außen. Wenigstens (was heißt "wenigstens"?) als Verkleidung. Vielleicht ist der rechteckige Kasten darunter doch aus Beton gebaut. Das weiß ich nicht und zeigen will er mir das nicht. Das Holz erkannte ich als Holz erst heute Nachmittag bei der richtigen Sonneneinstrahlung. Der Anbau ist holzverkleidet. Dreieinhalb Monate habe ich für diese simple Einsicht gebraucht. Erst heute sah ich Holz. Und nicht Beton. Langläufige, waagerechte, langgezogene Maserungen. Die Bretter liegen am Anbau. Ich stand auf von meinem provisorischen Arbeitstisch und befühlte sie. Dort, wo sie um die Ecke ins Innere kommen. Denn die Tür, eine Notausgangstür, die nach draußen führt, auf die Feuertreppe, ist verschlossen. Ich spüre unter meinen Fingerbeeren das Holz und seine Struktur. In Berlin befühlte ich andere Wände. Die zeigten auch Holzmaserungen, bestanden aber unzweifelhaft aus Beton. Im Sichtbeton der Gebäude, deren Wände mein Schwiegervater beim Bau eingeschalt hatte, ist die Maserung der Schalbretter für immer und ewig hinterlegt. Lotrecht, denn Schalbretter stehen am Bau.
Hier tut das Holz so, als ob es Beton wäre. Und liegt in der Welt.
Dort zeigt der Beton, was ihn einmal aufgerichtet hatte. Aufrecht. Wie Bäume im Wald.

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