Dienstag, 6. Januar 2009

Auf der anderen Seite der Welt: Teigaffen

Es ist alles anders. Die Stille ist anders. Die Kälte ist anders. Es gibt keinen Wind. Ich höre nichts. Kein Pfeifen durch die Ritzen. Keine Kirchenglocken. Obwohl der Kirchturm vor meinem Fenster steht. Das Haus, die Mühle ist uralt. Außen sieht die Fassade aus eh und je (= ungefähr 700 Jahre), nur der Verputz ist gerade erneuert worden. Innen schützt mich Doppelverglasung. Isolierung. Isolation. Schalldichte. Winddichte. Temperatursturzdichte. In den nächsten Tagen soll es noch kälter werden.
Ich kaufte heute früh Napf-Anke, Schloss Wyher Käse, Luzerner Eier, Zentralschweizer Milch und die Napfkräuterteemischung "Wintertraum". Nur der Glarner Schabziger passt nicht ganz ins Napfbergland, aber den wollte meine Seele unbedingt haben. Das Brot gefiel den Augen, länglich gedreht, seinen Namen bekomme ich nicht mehr über die Lippen. Ich verhasple mich andauernd. Den halben Nachmittag spielte ich am Radio herum. Erleichtert fand ich gegen Abend BBC. Meine Ohren leiden. Nachrichten in Schweizer Hochdeutsch sind heute noch unerträglich. Dialekt schlucke ich. Aktiv fehlen mir rundherum Wörter. Verstehen kann ich alles, sagen so gut wie nichts.
Nach der Ankunft gestern Abend war ich mit der Schuhfrau im Mohren essen. Der Mohren ist eine Schwesternwirtschaft. Acht Schwestern führen das Gasthaus. Zum Fisch oder Fleisch der Hauptgerichte konnten wir auf der Speisekarte wählen zwischen Kartoffeln, Reis oder "Teigaffen".
Dieses Wort, sagte ich, vermeintlich verwirrt von der langen Reise in die Berge, habe ich noch nie aufgeschrieben gesehen. Die Schuhfrau sagte: "Ich auch nicht!" Sie hatte eine genau so lange Reise hinter sich. Sie war in Menznau in den Zug Richtung Flughafen Kloten gestiegen, als ich mich in Hamburg Aberglaubenfrei auf Sitz 13F von AB 8780 setzte und meine gefütterten Kandahars von den Füßen streifte.

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