Ich wundere mich, seit ich in der Mühle bin, dass die Nachrichten des Schweizer Radios mit "Obama" beginnen. "Obama hat ... ", "Obama wird ...", Obama hin, Obama her. Oder die Nachrichten nennen als erstes lexikalische Stellvertreter wie "Amerika", "Die Amerikanische Wirtschaft ..." oder "Das Amerikanische Repräsentantenhaus ...". Oder "Das Weiße Haus ...", "Im Weißen Haus ...", "Vor dem Weißen Haus ...", "Hinter dem Weißen Haus ...", "Über dem Weißen Haus ...", "Unter dem Weißen Haus ...", "Im Garten des Weißen Hauses ...". Und so weiter.
Die Nachrichten des Deutschen Radios beginnen zur Zeit mit den Namen "Mehdorn" oder "Merkel". Oder mit blutleeren Begriffen wie "Krankenstand", "Umfragehoch" oder "Mindestlohn". Oder mit Ungeheuerlichkeiten wie "Kritik am Papst". Der Papst, das Oberhaupt der Katholischen Kirche, ist per definitionem unfehlbar. Würde der Papst einen Fehler zugeben, müsste er sich - wie heute früh der Ex-DDR-Liedermacher und Mädchenschänder Kurt Demmler - an seinem Gürtel aufhängen. Und falls der Papst keinen Gürtel trägt, kann er die Mönchskordel um seine Gurgel schlingen. Ist der Papst nicht auch Mönch? Oder heißt die Kordel um seinen Bauch Papstkordel? Wie auch immer, weder der Papst noch der Mönch im Papst käme in diesem Fall in den Himmel - und das muss man sich erstmal genüsslich im Hirn und auf der Zunge zergehen lassen.
Derweil werden im Schweizer Radio die Nachrichten zur Weltlage in einer Kunstsprache vorgetragen. In gemäßigtem Tempo. In beruhigendem Ton. Die Welt und ihre Lage rücken mit all ihren Krisen und Herden in weite Ferne. Ich fühle mich hier durch nichts angesprochen. Inhaltlich berührt mich kein einziges Wort. Nur formal befremdet mich vieles, wenn nicht alles. Ich habe vergessen, dass die Sprache, die ich höre und Kunstsprache nenne, weil sie in meinen Ohren unnatürlich klingt, Schriftdeutsch heißt. Das Schweizer Radio spricht Schriftdeutsch. Ich habe keine Ahnung, in welcher Sprache die Schweizer Zeitungen schreiben.
Dienstag, 3. Februar 2009
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